VON AUGENBLICK ZU AUGENBLICK
Leben in Unsicherheit


"Und nun?"
Solange ich denken kann, geistern diese zwei Worte mit dem Fragezeichen in mir herum. Das Fragezeichen am Ende drängelt sich meist nach vorn – mal neugierig und vorlaut, mal akut und panisch: "Was bringt die Zukunft, was ist der nächste Schritt, wie geht’s jetzt weiter, was soll ich machen?" Erst spät hab ich gelernt auf das "Nun" in der Mitte zu achten, auf diesen gegenwärtigen Augenblick – nicht im Gestern, nicht in der Zukunft. "Lass die Kontrolle los" rauscht es im Ohr, hier geht’s ums Sein und nicht ums Machen. Osho legt uns das einfache Leben ans Herz, ein Leben von Augenblick zu Augenblick, nicht gemäß einer Philosophie, nicht gemäß einer Ideologie. Er sagt: "Es gehört Mut dazu, weil man dann in ständiger Unsicherheit lebt."

NUR WAHRHEIT BEFREIT
Echt leben, echt sein


Beginnen wir mit Wilhelm Busch: "Alle Worte scharwenzeln um die Wahrheit herum; sie ist keusch." Die Wahrheit lässt sich nicht in Worte fassen, ist einfach da – unschuldig, unerklärlich, unbestreitbar. Sie gibt zu verstehen: "So ist es!" und "So bin ich!" – absolut sicher und unwiderruflich. Lasse ich mich von schönen Worten blenden oder jage irgendwelchen Vorstellungen hinterher, sagt sie leise: "Weder dies, noch das!" Und fegt damit all meine festen Ansichten, verträumten Vorstellungen und Missverständnisse vom Tisch. Nur höre ich nicht immer hin und weiche aus. Da muss ich erst mal zweifeln, meinen Kopf durchsetzen, Dinge ausprobieren und Federn lassen, bevor ich das Echte erkennen und annehmen kann.

KANN MAN LIEBE LERNEN?

Kann man Liebe lernen? Wohl eher nicht, sagen alle, die den unbeeinflussbaren Freigeist der Liebe kennen. Bei aller Milde und Süße ist und bleibt sie unkontrollierbar. Ein Mysterium. Eine Macht, die alles verändert, und kommt und geht, wie sie will. Angefangen beim ersten gestammelten "Willst du mit mir gehen?", über das romantisch gehauchte "Ohne dich kann ich nicht sein!" bis hin zu der deutlichen Aufforderung: "Du gehörst zu mir!" und "Mit dir will ich Kinder!" offenbart die Liebe in klaren Momenten vor allem eins: Sie ist ein flüchtig Ding. Und überaus kostbar. Sie lässt mich das Allerhöchste ahnen und lädt mich ein, ihr zu folgen. Sie vertreibt alle Angst und öffnet mein Herz.

DIE KUNST DES HEILENS

Ich möchte geheilt werden. Und der Tag sei gelobt, als ich dies zum ersten Mal von ganzem Herzen spürte. Es war der Startpunkt meiner Reise zu mir selbst. Ich fühlte mich innerlich zerrissen und ständig verletzt, hatte genug von meinem flachen Leben und den ewigen Zipperlein. Wie gern wollte ich in die Tiefen meiner Seele eintauchen, wo alles so still und friedlich sein soll. Konnte aber nicht. Meine Nerven schlugen ständig Alarm! Mein Körper verlangte Betäubung, wollte nur noch weg von Schmerz und Krankheit. Meine Seele sehnte sich nach ewigem Schlaf. So stand ich vor der Weggabelung: sterben oder leben. "Heal thy self – healthy self" heißt es im Englischen. Sich selbst zu heilen ist bereits Ausdruck eines gesunden Selbst. Und was hilft mir dabei? Meditation. Und die Frage "Wer bin ich?": Sie führt mich zum Wesentlichen, wischt jede alte Antwort, jede irreführende Identifikation beiseite.

WER GIBT HIER DEN TON AN?
Leben in Community

Osho sorgte dafür, dass die Sangha die Welt im Kleinen war. Hier wie dort blühten Projektionen. Entweder schaukelten wir uns gegenseitig in den Himmel oder man sah überall nur unerleuchtete Besserwisser, Tyrannen, Idioten, Spielverderber oder Spinner: "Die sind schuld!" Lauter Spiegel für meine unerleuchtete Persönlichkeit! Trotz bitterer Tränen musste und muss ich mir nach wie vor eingestehen, dass meine Wahrnehmung vor allem mit mir selbst zu tun hat und die Leute nicht so sind wie ich meine. Ich sehe sie durch die Brille meiner Prägungen, meiner Verletzungen, meiner Vorstellungen. So ist und bleibt das Leben in Oshos Buddhafeld eine echte Bewusstseinsschule, die auch die Abgründe der Seele mit einbezieht. Wer ist der Boss? Mittlerweile zeigt mein innerer Kompass ständig in Richtung Eigenverantwortung.

WO IST DIE LUST GEBLIEBEN?
Sex und Spiritualität

Sex und Spiritualität sind Spielwiesen des Lebens – beide nach Stil und Form sehr unterschiedlich, doch stammen sie aus der gleichen Kraftquelle. Die Lust steht im Dienst beider. Sie winkt mich heran, findet immer Zeit, versüßt mir die Zeit und verkürzt sie sogar. Ein belebendes Aphrodisiakum, das mir hilft, am Ball zu bleiben. Mit ihr wage ich mich tiefer, weiter, höher. Und zunehmend bin ich einfach nur da und schau mir offen an, wie alles läuft. Obwohl ich durchaus noch mitspiele, lache, weine, zittere, tobe, mich aufbäume oder alles feiere. Mit oder ohne Lust – mein Herz bleibt immer öfter gelassen. Und dann brauche ich keine Lust. Wer hätte das gedacht!

BLÜTEN DER MEDITATION
Stille, Liebe, Mitgefühl

Mit Meditation ist das so eine Sache. Selbst die Medien preisen sie ja mittlerweile als den sanften Weg zum Glück! Doch so lieb, wie sie aussieht, ist sie keineswegs. Meditation ist nicht, was man denkt. So weich und anspruchslos sie auch dargestellt wird, sie schert sich nicht im Geringsten um meine Wünsche und füllt auch nicht meine Geldbörse. Es sei denn, ich verkaufe sie geschickt auf dem spirituellen Wochenmarkt. Aber wie kann man nur dieses unscheinbare und schlichte Produkt verkaufsfördernd und kundenbindend an den Mann bringen? Sie ignoriert alle Bedürfnisse nach Abwechslung und Nervenkitzel und lässt sich nur blicken, wenn sie Lust dazu hat. Tatsächlich nimmt sie mir auf lange Sicht alles weg, was mir lieb und teuer war, und krempelt mein Leben radikal um. Und das tut am Anfang ganz schön weh!

MEIN WILLE GESCHEHE
Von wegen!

Mein Wille geschehe – von wegen! Was will ich überhaupt? Geht es mir ums Geld und Überleben, um Anerkennung, Aufmerksamkeit und Liebe, um Erlösung von Angst, Schmerz und Leid? Was will ich denn? Da melden sich viele Stimmen in mir. Die Einflüsse meiner Umwelt richten während meines gesamten Lebens ein komplettes Durcheinander in mir an, in dem jede einzelne Stimme ständig ihre Wünsche, Interessen und Bedürfnisse geltend macht. Herauszufinden, wer da nun gerade in mir was will – ob Vater, Mutter, Freundin, Radio, Lehrer, Priester oder vielleicht der liebe Gott selbst – kann lange dauern. Ist vielleicht auch nicht so wichtig. Hauptsache mir wird klar, dass da mal wieder jemand anders als ich selbst lauthals oder leise nörgelnd sein Recht fordert. Geht es hier wirklich um das Beste für mich und mein Leben, wie behauptet? Am Ende werde ich mit der Frage konfrontiert: Wer bin ich überhaupt?

DAS BIN ICH MIR WERT!
Selbstachtung und Akzeptanz

„Das bin ich mir wert!“ – ein schöner Satz! In ihm schwingen Stolz und Selbstvertrauen mit. Ich tue etwas für mich und schätze mein Leben, gönne mir etwas: leiste mir Lebensumstände und viele Abenteuer, die meine Einmaligkeit zur Geltung bringen, und dafür nehme ich auch gern jede Mühe in Kauf. Es ist mir wichtig, gut für mich zu sorgen: eine gesunde Einstellung. Doch meist klingt der Satz so, als wolle ich mich selbst überzeugen: Das Ausrufezeichen kommt eher trotzig oder arrogant daher – irgendwie verzweifelt. So als glaube ich nicht, das wirklich verdient zu haben. Da kann ich mein Image mit feinster Lebenskultur vergolden, mir die teuersten Villen, Autos, Reisen und Geliebten anschaffen. Oder meinen Verstand schöngeistig aufbrezeln: Mein Innerstes kann so etwas nicht beeindrucken. Schließlich ändert sich das Leben ständig und mag jede Sekunde vorbei sein.

HELLWACH IM ALLTAG
Bewährungsprobe Arbeitsplatz

Arbeit bestimmt einen Großteil unseres Erwachsenenlebens und soll nicht nur unseren Broterwerb sichern, sondern auch Sinn und Erfüllung geben. Die Herausforderungen sind spannend und lassen mich über mich selbst hinauswachsen. Doch wie schnell kann das Ganze kippen! Dann beute ich mich selbst aus oder drücke andere selbstgerecht an die Wand. Wie bereitwillig lasse ich mich vor gesellschaftliche Karren spannen: Image und Karriere, Leistung und Anpassung und Geld, Geld, Geld! Der lebenswichtige Spielraum für Erholung, Sport, Vergnügen, Familie, Freundschaft, Liebesleben und vor allem für mich selbst ist immer öfter versperrt.

GÖTTLICHE UNZUFRIEDENHEIT
Ansporn für Veränderung

„Wenn jemand sein Inneres verändert, ändert sich das Äußere restlos. Ich definiere die Welt folgendermaßen: Offenbar lebt ihr in tiefer innerer Finsternis, sonst gäbe es keine Welt. Wenn ihr euer inneres Licht ansteckt, löst sich die Welt plötzlich auf und es gibt nur noch Gott. Die Welt und Gott sind nicht zweierlei, sondern zwei verschiedene Wahrnehmungen von ein und derselben Energie. Wenn ihr unbewusst seid, erscheint sie euch als Sansara, die Welt; wenn ihr hellwach seid, erscheint euch dieselbe Energie als Gott. Das kommt ganz auf eure innere Achtsamkeit bzw. Unachtsamkeit an. Das ist die einzige Veränderung, die einzige Transformation, die einzige Revolution, die stattfinden muss.“ – Osho

SHARING IS CARING
Füreinander da sein

"Sharing a Vision" – das ist es, was wir alle, die Osho lieben, leben! Jeder auf seine unverwechselbare Weise. Unsere Liebe an sich ist schon ein Teilen, denn sie schimmert, leuchtet und strahlt in ihr Umfeld mit solch farbiger Vielfalt wie das Leben selbst. Sie entspringt der Quelle, die das Leben heiligt und unseren Durst löscht – nach Wahrheit, Schönheit und Glück. Oshos Weg zu dieser Quelle – und das Signal seines Navys zeigt uns immer deutlicher an, wo’s langgeht – heißt Meditation. Sie macht uns ganz und verbindet uns mit allem.
Seit Jahrtausenden aber predigen die sogenannten Diener Gottes ein Miteinander voller Anteilnahme, Güte und Mitgefühl. Auf den ersten Blick eine schöne Sache. Doch beim näheren Hinschauen stößt man auf Scheinheiligkeit und eine politische Strategie, die unsere Welt in Gut und Böse aufteilt, um andere klein zu machen und sich selbst zu bereichern.

Wir räumen unser Archiv und deshalb gibt es die kompletten Jahrgänge 2006-2019 jeweils zum Sonderpreis. Jeder Jahrgang enthält 12 Ausgaben.

Anmerkung: Die Ausgaben 01/2009 und 10/2015 sind vergriffen und werden als PDF-Version geliefert.