Konzentriere dich auf das Gefühl
Osho-Meditation 
OshoTimes 09/2012
Wenn du einen Freund triffst und plötzlich Freude in deinem Herzen aufsteigen fühlst, dann konzentriere dich auf diese Freude. Fühle sie und werde zu ihr und begegne dem Freund, während du gleichzeitig bewusst bist und von deiner Freude erfüllt bist. Lass den Freund einfach am Rande sein, während du in deinem Glücksgefühl zentriert bleibst.
Dasselbe kann man auch in vielen anderen Situationen tun. Die Sonne geht eben auf und du spürst etwas in deinem Inneren aufgehen. Dann vergiss die Sonne – lass sie Randerscheinung sein, während du dich auf dein eigenes Gefühl aufsteigender Energie zentrierst. Im selben Moment, da du sie anschaust, wird sie sich ausdehnen, wird sie zu deinem ganzen Körper, deinem ganzen Sein werden. Und bleibe nicht nur ein Zaungast dabei – verschmilz damit. Es gibt sehr wenige Momente, in denen du Freude, Glück und Seligkeit empfindest, aber sie entwischen dir alle, weil du dich dann genau auf das Objekt zentrierst.
Ihr könnt das selbst mit negativen Gefühlen machen. Wenn du wütend wirst, zentriere dich nicht auf die Person, die es ausgelöst hat. Lass sie am Rande bleiben. Werde du einfach zu Wut. Fühle die Wut in ihrer Totalität, lass sie in dir zum Zuge kommen. Rationalisiere nicht; sag nicht, dass der und der sie verursacht habe, verurteile ihn nicht. Er ist lediglich zum Auslöser geworden. Und sei ihm dankbar, dass er dir geholfen hat, etwas Verborgenes ans Licht zu bringen. Er hat dich irgendwo getroffen und dort lag eine Wunde versteckt. Jetzt weißt du es – werde also zu dieser Wunde.
Ob negativ oder positiv, übe dies bei jeglicher Emotion, und es wird zu einer großen Veränderung in dir kommen. Wenn die Emotion negativ ist, wirst du dadurch, dass dir bewusst wird sie in dir zu haben, von ihr befreit werden. Wenn die Emotion positiv ist, wirst du zu dieser Emotion selbst werden. Wenn es Freude ist, wirst du zu Freude werden. Wenn es Wut ist, wird die Wut sich auflösen.
Und der Unterschied zwischen negativen und positiven Emotionen ist dieser: Wenn sich eine bestimmte Emotion, indem du dir ihrer bewusst wirst, auflöst, ist sie negativ. Wenn du dir einer Emotion bewusst wirst und du daraufhin zu dieser Emotion wirst, wenn sich diese Emotion ausdehnt und dein ganzes Dasein erfasst, ist sie positiv. Die Bewusstmachung wirkt sich verschieden aus, je nachdem. Ist das Gefühl ein giftiges, wirst du es durch Bewusstmachung los. Ist es ein gutes, beseligendes, ekstatisches Gefühl, wirst du eins mit ihm. Das Bewusstwerden vertieft es.
Für mich ist also dies das Kriterium: Wenn etwas dadurch tiefer wird, dass du es dir bewusst machst, ist es etwas Gutes. Wenn sich etwas durch Bewusstmachen auflöst, ist es etwas Schlechtes. Alles, was der Bewusstheit nicht standhält, ist Sünde, und alles, was durch Bewusstwerdung zunimmt, ist Tugend. Tugend und Sünde sind keine gesellschaftlichen Normen, sondern innere Erkenntnisse.
Foto: aboutpixel.de © Christian Wöller