Meditation ist eine Hilfe
Osho-Meditation
OshoTimes 12/2012
Wann immer Gott an deine Tür klopft, wird sich dir alles andere als ein vertrautes Gesicht zeigen. Er ist der Unbekannte, der Fremde. Das hast du nicht gedacht, davon hast du noch nie gehört, so hast du es noch nie gelesen. Durch und durch ein Fremder! Und wenn du den Fremden nicht willkommen heißen kannst, wenn du nur das Vertraute einlassen kannst, dann ist die Wahrheit nichts für dich. Die Wahrheit ist ein Fremdling. Sie kommt ohne jede Vorankündigung. Sie kommt, wenn du nicht mit ihr rechnest, wenn du sie nicht erwartest.
Macht euch klar, dass die Wahrheit, auch wenn die Leute noch so viel meditieren – und ohne das geht es nicht –, trotzdem nicht in der Meditation erscheint. Sie kommt außerhalb der Meditation. Aber Meditation ist eine Hilfe. Sie macht dich wachsam, sie schärft dir die inneren Augen, sie macht dich wacher und bewusster. Und dann, plötzlich, irgendwo … es passiert in so völlig unverhofften Momenten, dass es nicht zu fassen ist, wieso Gott ausgerechnet diesen Augenblick gewählt hat. Eine Nonne trägt einen Topf mit Wasser und plötzlich reißt der Bambusstrick, der irdene Topf fällt zu Boden, das Wasser strömt heraus … und plötzlich ist sie erleuchtet.
Was ist geschehen? Vierzig, fünfzig Jahre lang hat sie meditiert, ohne dass Gott an ihre Tür geklopft hätte; und Meditation heißt im Grunde, dass du voller Erwartung bist, nach etwas Ausschau hältst, mit etwas rechnest. Dein Denken mischt sich dazwischen, leise, leise, unmerklich – du ahnst es vielleicht selber nicht. Du magst dir vollkommen still vorkommen, ohne jeden Gedanken, aber selbst das ist ein Gedanke.
Du fühlst vollkommene Stille in dir, aber selbst in diese absolute Stille schleicht sich eine Erwartung ein: Öffnet die Tür sich nun bald? Das ist wieder ein Gedanke. Wäre die Stille absolut, könnte selbst dieser Gedanke nicht mehr aufkommen, der Gedanke: "Ich bin still." Aber völlige Stille heißt auch zugleich, dass du nicht mehr meditierst. Und das ist das Paradox: Du meditierst so viel du kannst, um einen Augenblick nicht-meditativer Meditation herbeizuführen.
Genau das passierte dieser Nonne. Sie trug ihren Topf mit Wasser und dachte nicht an Gott. Der Bambus war morsch und sie fürchtete, er könnte brechen. Sie ging so vorsichtig mit ihm um wie nur möglich; jeden Augenblick konnte er brechen und dann würde auch der irdene Topf in Scherben gehen. Sie dachte nicht im Geringsten an das "Tor", aber das Tor stand offen, denn seit vierzig Jahren hatte sie meditiert. Das Tor stand offen, aber sie war ganz woanders … plötzlich bricht der Bambus, der Topf fällt, geht entzwei und das Wasser strömt. Es ist ein Schock! Einen Augenblick lang löst sich auch diese letzte kleine Ängstlichkeit auf: Jetzt ist passiert, was passieren musste. Jetzt ist sie einen Moment lang in einer nicht-meditativen Meditation … und Gott ist da! Es ist passiert.
Es ist nie anders als so passiert: in Augenblicken, in denen man nie damit gerechnet hätte. Wenn du damit rechnest, kann es nicht eintreten, denn in deiner Erwartung bist du anwesend. Wenn du nicht damit rechnest, passiert es, weil du nicht da bist, weil niemand da ist. Wenn dein Haus vollkommen leer ist, so leer, dass nicht einmal der Gedanke: "Ich bin leer" da ist – denn das wäre schon Störung genug –, wenn selbst die Leere hinausgeworfen worden ist, dann kommt er.
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